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Familiennachzug

Familiennachzug - auch Familienzusammenführung genannt - bezeichnet die Möglichkeit von Geflüchteten mit bestimmtem Schutzstatus ihre*n Ehepartner*in und/oder minderjährigen Kinder bzw. bei minderjährigen Geflüchteten ihre Eltern nach Deutschland nachzuholen. 

 

Wer ist berechtigt 

Grundsätzlich ist ein Nachzug möglich zu Asylberechtigten nach §25 Abs. 1 AufenthG, anerkannten Flüchtlingen nach §25 Abs. 2, 1. Alternative AufenthG, Personen mit subsidiärem Schutz nach §25 Abs. 2, 2. Alternative AufenthG oder Personen, die über Resettlement nach Deutschland kamen mit einem Aufenthalt nach §23 Abs. 4 AufenthG. Nachgeholt werden kann lediglich die Kernfamilie, d.h. Ehepartner*in, minderjährige ledige Kinder bzw. Eltern bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Der Nachzug weiterer Familienmitglieder ist in § 36 Abs. 2 AufenthG geregelt und nur in Härtefällen möglich. 

 

Wie funktioniert der Familiennachzug? 

Die Voraussetzungen für den Familiennachzug variieren in Abhängigkeit zum Aufenthaltstitel. Prinzipiell gilt aber, dass bei einem Ehegattennachzug beide Ehepartner das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen, die Identität und Staatsangehörigkeit muss geklärt sein, es darf kein Ausweisungsinteresse geben und die Passpflicht muss erfüllt sein. Darüber hinaus müssen in der Regel grundlegende Deutschkenntnisse des*der Nachziehenden (A1) nachgewiesen werden (Ausnahmen möglich), ebenso muss genügend Wohnraum vorhanden und der Lebensunterhalt gesichert sein (bei Nachzug minderjähriger lediger Kinder zu ihren Eltern nicht erforderlich, weitere Ausnahmen möglich). 

 

Der erleichterte Familiennachzug - Fristwahrung

Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und Resettlement-Geflüchtete haben Anspruch auf den erleichterten Familiennachzug (Vgl. § 29 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), sofern innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des BAMF-Bescheids (siehe Briefumschlag) bzw. nach Erhalt der Aufenthaltserlaubnis bei §23 Abs. 4 AufenthG eine sogenannte fristwahrende Anzeige gestellt wird. Im Fall einer erfolgreichen Klage beginnt die Frist nicht mit Bekanntgabe des Urteils, sondern mit Zustellung des BAMF-Bescheids, der das Urteil umsetzt. Beim erleichterten Familiennachzug wird auf die Voraussetzungen eines gesicherten Lebensunterhalts und ausreichendem Wohnraum der Person in Deutschland verzichtet. 

 

Die fristwahrende Anzeige ist bei der zuständigen Ausländerbehörde und der zuständigen Auslandsvertretung einzureichen und kann zusätzlich auch über das Portal https://fap.diplo.de hochgeladen werden (dort gibt es auch einen Vordruck, der ausgefüllt werden kann). 

 

Subsidiär Schutzberechtigte mussten den Lebensunterhalt und den Wohnraum für die nachziehenden Personen auch nicht zur Verfügung stellen, bis die Nachzugsverfahren 2016 vorerst gestoppt wurden. Seit 2018 ist der Familiennachzug zu subsidiär Geschützen wieder möglich. Allerdings ist er an ein Kontingent von 1000 zu erteilenden Visa pro Monat gekoppelt und die Lebensunterhaltssicherung sowie vorhandener Wohnraum können die Entscheidung der Ausländerbehörde und Botschaft positiv beeinflussen. 

 

Visumsverfahren

Zur Beantragung des Visums muss grundsätzlich ein Termin bei der zuständigen Auslandsvertretung beantragt werden (Zuständigkeit richtet sich nach Nationalität und dauerhaftem Wohnsitz). Jede antragstellende Person braucht einen eigenen Termin, für minderjährige ist die Homepage der jeweiligen Botschaft zu überprüfen. In vielen Fällen werden Minderjährige in die Terminbuchung der Eltern aufgenomen, in manchen Fällen muss für sie jedoch eine gesonderte Registrierung vorgenommen werden und die Termine werden im Anschluss zusammengeführt.  

 

Von Beantragung des Termins bis zur Vorsprache bei der Botschaft gibt es (je nach Botschaft) sehr lange Wartezeiten von bis zu 24 Monaten. Es macht also Sinn, sich so früh wie möglich um die Terminbuchung zu kümmern. 

 

Die Wartezeit bis zum Termin sollte genutzt werden, um Unterlagen zu vervollständigen. Hierfür am besten die Website der jeweiligen Auslandsvertretung nach aktuell gelisteten Unterlagen/Merkblättern durchsuchen. In einigen Ländern können sich Antragstellende auch an das Familienunterstützungsprogramm von IOM wenden, die bei der Vorbereitung der Unterlagen helfen. Beim Termin wird ein Aktenzeichen vergeben, das für weitere Rückfragen wesentlich ist. 

 

Nach persönlicher Vorsprache in der Botschaft (= Antragsstellung), wird der Visumsantrag mit allen erforderlichen Unterlagen durch die zuständige Auslandsvertretung geprüft. Gegebenenfalls werden weitere Dokumente nachgefordert. Im Anschluss wird die gesamte Visumsakte an die zuständige Ausländerbehörde in Deutschland weitergeleitet. Diese fordert gegebenenfalls noch Dokumente der*des Stammberechtigten, verfasst anschließend eine Stellungnahme und leitet diese zurück an die Botschaft. In der Regel muss die Ausländerbehörde zustimmen, damit eine Visumserteilung erfolgen kann. Die Auslandsvertretung trifft die abschließende Entscheidung, welche sie den Antragssteller*innen mitteilt, gemeinsam mit einem Termin zur Abholung des Visums.

 

Bei Ablehnung des Visumsantrags gibt es die Möglichkeit der Remonstration oder Klage vor dem Verwaltungsgericht in Berlin.

Die erste Möglichkeit ist die Remonstration, die direkt bei der Botschaft erhoben wird. Hierbei müssen Gründe angeführt werden, die die Ablehnung entkräften. Die Botschaft prüft dann erneut den ursprünglichen Visumsantrag unter Berücksichtigung der ergänzend vorgetragenen Argumente oder eingebrachten Unterlagen.

Ist die Remonstration in zulässiger Weise erhoben und kommt die Auslandsvertretung nach Abschluss der erneuten Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Erteilung des Visums trotzdem nicht in Betracht kommt, wird diese Entscheidung der antragstellenden Person abermals schriftlich mitgeteilt (sog. Remonstrationsbescheid).

Als zweiten Schritt gibt es dann die Möglichkeit gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Berlin zu erheben. Hierfür raten wir dringend zur Beauftragung eines Anwalts/einer Anwältin.

Die Möglichkeit der Klage besteht zudem auch unmittelbar nach Erhalt der erstmaligen Ablehnung des Visumsantrages seitens der Auslandsvertretung. Ein Remonstrationsverfahren muss nicht zwingend durchlaufen werden.

 

Nachzug zu Subsidiär Schutzberechtigten 

Der Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ist geregelt in §36a AufenthG und wurde mit Einführung der Kontingentierung von 1000 Personen pro Monat deutlich verkompliziert. Pro Monat können vom Bundesverwaltungsamt bis zu 1.000 Fälle ausgewählt werden, die für einen Familiennachzug in Frage kommen. Dies ist allerdings erst relevant, sobald mehr als 1000 Visumsanträge von den Auslandsvertretungen/ Ausländerbehörden positiv entschieden werden, was regelmäßig nicht der Fall ist. Die Buchung des Termins läuft über eine zentralisierte Liste für subsidiär Schutzberechtigte.  Es gibt außerdem zusätzliche Ausschlussgründe (z.B. Eheschließung nach der Flucht), die die Auslandsvertretung bei Antragsstellung von Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten prüft.

 

Einschränkungen beim Familiennachzug

Bei folgenden Aufenthaltstiteln können Angehörige nur in Ausnahmefällen nachgeholt werden:

  • §25 Abs. 3 AufenthG (Abschiebungsverbot)

  • §25 Abs. 4a AufenthG (Opfer von Menschenhandel)

  • §25a Abs. 1 AufenthG (gut integrierte Jugendliche)

  • §25b Abs. 1 AufenthG (nachhaltige Integration)

  • §22 AufenthG (Aufnahmen aus dem Ausland)

  • §23 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG (Landesaufnahme oder Humanitäre Aufnahme)

 

Ausgeschlossen vom Familiennachzug sind Personen mit folgenden Aufenthaltstiteln: 

  • §25 Abs. 4 und §25 Abs. 5 AufenthG (Duldung)

  • §25 Abs. 4b AufenthG (Oper einer Straftat im Sinne des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes)

  • §25a Abs. 2 AufenthG (Aufenthalt für Eltern von gut integrierten, geduldeten Jugendlichen)

  • §25b Abs. 4 AufenthG (Aufenthalt für Angehörige von gut integrierten Geduldeten)

  • §§104a Abs. 1 S. 1 oder 105b AufenthG (Chancenaufenthalt, Altfallregelung)

 

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