Halbzeitbilanz des International Rescue Committee (IRC) über das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan
Seit dem Start des Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan (BAP) im Oktober 2022 wurden bis zu 18.000 Afghan*innen die Aufnahme nach Deutschland zugesagt. Die Realität ist allerdings enttäuschend: Nach knapp 1,5 Jahren Laufzeit wurden bisher nur 399 Menschen aufgenommen (Stand April 2024).
Ein funktionierendes humanitäres Aufnahmeprogramm wie das BAP kann eine sinnvolle und sichere Ergänzung zum Asylrecht sein und Menschen Zugang zu Schutz gewähren. Deshalb bleibt das BAP wichtiges Instrument für die Aufnahme gefährdeter Afghan*innen, auch wenn Verbesserungsbedarf besteht. Der Bericht des ICR gibt Empfehlungen anhand von Praxiserfahrung, durch die einerseits das laufende Programm verbessert werden kann, die aber auch andererseits für künftige Aufnahmeprogramme herangezogen werden können.
Diese Empfehlungen betreffen die Rolle der Zivilgesellschaft, die Aufnahmekriterien, das Auswahlverfahren, digitale Fallbearbeitung, die Ausreise über ein Drittland, eine inklusive Gestaltung des Aufnahmeprogramms, sowie die Sorgfaltspflicht der Regierung und politische Verantwortung.
Im Themenfeld „Zivilgesellschaft“ fordert das IRC die Zivilgesellschaft, z.B. in Form von meldeberechtigten Stellen strukturiert in die Umsetzung eines Aufnahmeprogrammes frühzeitig einzubeziehen und angemessen zu finanzieren. Außerdem sollte eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, die die meldeberechtigten Stellen (MBS) bei der Einschätzung und Aufbereitung der Fälle unterstützt. Außerdem sollten an die MBS besser und zeitnaher Informationen, z.B. zu Veränderungen in Verfahren, weitergeleitet werden, etwa durch regelmäßige Newsletter.
Im Bereich „Aufnahmekriterien“ fordert das IRC die Einbeziehung von Expert*innen bei der Entwicklung kontextbezogener Schutzkategorien, eine klare Kommunikation der Anforderungen gegenüber den Fallarbeitenden und Schutzbedürftigen, sowie eine konsequente Umsetzung des Aufnahmekontingents und einer Übertragung auf die Folgemonate, bei nicht ausgefüllten Kontingenten.
Zum „Auswahlverfahren“ fordert der IRC erstens Transparenz bezüglich der Gewichtung der Kriterien, zweitens eine klare Kommunikation zur Bearbeitungsdauer und drittens eine Reduzierung der in der Fallprüfung eingebundenen Akteur*innen.
In der digitalen Fallbearbeitung wird der Einsatz eines geeigneten zentralisierten Online-Tools gefordert, sowie die Bewilligung von Bearbeitungsrechten von eingetragenen Akteur*innen zur bestmöglichen Falldarstellung. Außerdem sollte die Datenerhebung übersichtlich und leicht verständlich erfolgen.
Bezüglich der Ausreise über ein Drittland fordert das IRC, dass vorab geklärt werden muss, wie Schutzbedürftige Pässe und Visa erhalten und sicher einreisen können. Außerdem sollte den Personen Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung gestellt werden, sowie Unterstützung bei der Kostenübernahme von z.B. Visakosten, Flüge, etc. bereitgestellt werden. Außerdem muss es immer Flexibilität und alternative Lösungen geben, um auf stetige wechselnde Umstände reagieren zu können.
Im Themenfeld „Inklusiver Zugang“ fordert das IRC, dass besonders schutzbedürftige Gruppen nicht durch Hürden ausgeschlossen werden dürfen. Mithilfe diverser Austauschformate und Berücksichtigung zivilgesellschaftlicher Expertise können im Vorfeld Schutzbedarfe, Zugänge und die Umsetzung für eine tatsächliche Ausreise ermittelt werden. Außerdem sollten Ausschlusskriterien flexibel gehalten werden und Familienstrukturen und Realitäten vor Ort berücksichtigt werden. Des Weiteren muss ein Ausschluss vom Aufnahmeprogramm aufgrund eines Mangels an finanziellen Mitteln dringend vermieden werden, weshalb eine Finanzierung ab der Aufnahmezusage von hoher Bedeutung ist.
Schlussendlich fordert das IRC im Bereich „Sorgfaltsplichten der Regierung und politische Verantwortung“, dass die Regierung des Aufnahmelandes die Öffentlichkeit angemessen über ein Aufnahmeprogramm in Kenntnis setzt und auf negative Berichterstattung korrigierend reagiert, sodass die Umsetzung des Programms nicht negativ betroffen wird. Außerdem muss eine Retraumatisierung von Schutzbedürftigen dringend vermieden werden.
Der gesamte Bericht kann hier eingesehen werden.
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